17. – 27. August im Palais Lichtenstein/Sachsen

Vitrinen, Sockel, Lampen, Monitore und Objektbeschreibungen – alles steht noch an seinem Platz. Was fehlt sind die Ausstellungsobjekte. Das Kunstfestival Begehungen lädt vom 17. bis zum 27. August 2023 zur Neuentdeckung dieser verlassenen Räume im Palais Lichtenstein/ Sachsen, dem ehemaligen Daetz-Centrum.

Gerichtsgebäude, Witwenpalais, Kriegsgefangenenlager, Geflüchtetenunterkunft, Mietshaus, Ausstellungsort – diese unvollständige Aufzählung verdeutlicht die wechselvolle Geschichte des Hauses. Mit dem Festivaltitel „etcetera pp.“ soll diese Aufzählung sinnbildlich fortgesetzt und gleichsam auf die mögliche Zukunft des Objekts verwiesen werden.

Die diesjährige Ausgabe des Kunstfestivals Begehungen beschäftigt sich mit der Geschichte des Lichtensteiner Palais´ und dem Thema Sammeln. Deshalb sucht das Team nun nach interessanten Sammlungen der Lichtensteiner Bürger:innen.

„Ausgangspunkt der Idee war, dass sich die Lichtensteiner Bevölkerung in den letzten 20 Jahren die Sammlung nur einer einzigen Person anschauen konnte. Diese Sammlung ist nun ausgezogen und hat einen seltsamen Leerstand hinterlassen“, verdeutlicht Festivalsprecher Lars Neuenfeld die Situation im ehemaligen Daetz-Centrum.

Viele Menschen sammeln etwas. Wir sind tatsächlich an allen Sammlungen interessiert, denn letztendlich wollen wir auch die Frage behandeln, was eine Sammlung eigentlich wertvoll macht, also warum es die eine Sammlung ins Museum schafft, die andere aber in der Garage bleibt.“.

Dem Festival-Team geht es dabei nicht nur um Objekte, sondern auch um die Geschichten dahinter. „Uns interessiert die Leidenschaft, die sich mit dem Sammeln verbindet. Aber genauso interessant ist auch das Erlöschen dieser Leidenschaft. Deshalb suchen wir auch nach Geschichten zu verlorenen, verschenkten oder irgendwo zurückgelassenen Sammlungen.“ Ziel sei es, eine Auswahl davon in das Festival zu integrieren.

Historie Palais Lichtenstein

Das Haus wurde 1843 als Amtsgebäude zum benachbarten Schloss der Fürsten von Schönburg errichtet. Bis 1889 diente es als Gerichtsgebäude samt Gefängnis, später u.a als Witwenpalais, Kriegsgefangenenlager, Geflüchtetenunterkunft und Mietshaus. Im Vorfeld der ersten Landesgartenschau 1996 wurde es renoviert. Mit der Entscheidung, im Gebäude eine Internationale Holzkunstausstellung unterzubringen, wurde es saniert und durch einen Neubau erweitert. 2001 eröffnete die Ausstellung unter dem Namen Daetz-Centrum, benannt nach dem Stifter der Sammlung Peter Daetz. Die Holzkunstausstellung musste 2018 schließen, 2022 verließ die Sammlung das Gebäude. Die Etablierung des Ortes als Kultur.Palais.Lichtenstein ist ein zentrales Anliegen der Stadtverwaltung für die nächsten Jahre.

Das Kunstfestival BEGEHUNGEN

Das Festival wurde 2003 begründet. Bei der ersten Auflage waren zwölf leerstehende Ladengeschäfte im Chemnitzer Stadtteil Sonnenberg Schauplätze einer Fotografie-Ausstellung. In den Folgejahren wanderte das Festival für mehrere Jahre auf den Brühl, ein damals weitgehend verlassener Einkaufsboulevard, wuchs kontinuierlich und öffnete sich mehr und mehr anderen Kunstsparten. Seit 2010 wechselt das Kunstfestival jedes Jahr seinen Austragungsort. Seitdem waren u.a. ein ehemaliges Gefängnis, leerstehende Kulturhäuser, verlassene Kleingärten, eine alte Brauerei, ausgediente Kaufhallen und Bahnhöfe Orte des Festivals.

Das Kunstfestival Begehungen ist offizieller Bestandteil des Programms zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 Chemnitz. In einem dem Kulturhauptstadtjahr vorlaufenden Prozess findet das Festival zwischen 2022 und 2024 in der Kulturregion rund um Chemnitz statt. 2022 besuchten bei der Premiere dieses Formats 12.000 Menschen das ehemalige Erzgebirgsbad in Thalheim. Das Festival entsteht weitgehend in ehrenamtlicher Arbeit durch die Mitglieder des Begehungen e.V. und vieler Helfer:innen.

Foto: Johannes Richter

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