Von Linda Harant, Bloggerin.

Drei Tage Stat(d)t Kultur Tagung in Chemnitz sind zu Ende und der Blickwinkel scheint sich verändert zu haben. Sprach Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig am Montagabend noch von „der Idee im Herzen Kulturhauptstadt zu werden“, so weckten die folgenden beiden Tage auch deutlich den Wunsch Kulturhauptstadt mit ganzem Herzen zu sein.

Über 130 Interessierte unterschiedlicher Bewerberstädte, sowie Mitglieder aus Führungsgremien bereits gekürter Städte, die mit ihren Präsentationen die offenen Fragen rund um die Phasen der Bewerbung zur europäischen Kulturhauptstadt beantworteten, nahmen teil. Die Referenten sprachen über Entwicklungsmöglichkeiten, Kulturstrategien, Auseinandersetzen mit Problemen und den ein oder anderen Tiefschlag während des Entscheidungsprozesses.

Wie wird man nun überhaupt Kulturhauptstadt Europas und warum ist es die ganze Mühe wert? Die Antwort schien für die Referenten eindeutig – durch Authentizität und Transparenz.

Um Kulturhauptstadt zu werden, muss sich mit der Stadt selbst auseinandergesetzt werden. Dabei dürfen nicht alleine Leuchttürme einer Stadt betrachtet werden. Die großen Blickfänge und strahlenden Lichter sind zwar Grund eine Stadt zu besuchen, doch Postkartenmotive heißen einen nicht unbedingt willkommen. Es braucht Atmosphäre und Gefühl, der Ort muss lebendig sein. Denn innerhalb der Stadt kann man die Skyline nicht sehen. Es braucht Lagerfeuer; Orte der Wärme und Geborgenheit, das beruhigende und wohlige Gefühl des Angekommen Seins.

Wie Dr. Oliver Scheytt, als ehemaliger Kulturdezernent der Stadt Essen sagte: „Die Geschichte ist wichtig, nicht nur die Bauwerke, Kulturhauptstadt darf auch weh tun.“ Mut zur Vergangenheit und keine Angst vor der Zukunft sind die treibenden Aspekte, die alle Bürger_innen als Kollektiv an die Stadt glauben lassen. Man muss die Menschen dort abholen, wo sie selbst Kultur erlebt und geschaffen haben, denn nur so wird Sie aus Ihrer Abstraktion herausgeholt und zum Puls einer Stadt.

Ganz nach diesem Motto fanden am zweiten Tag die sogenannten Barcamps statt. Projekte wurden vorgestellt, die das Bauen neuer Kulturstätten erleichtern und fördern. Pläne wurden erstellt, um ehemalige Kulturstätten zu neuem Glanz zu verhelfen und überlegt, welche Kulturangebote eventuell noch gar nicht existieren. Wichtiger fast noch als die Möglichkeiten, ist die hinter der Umsetzung stehende Verantwortung. Diese Bürde kann nicht alleine von Politik, Kulturverwaltung und Institutionen getragen werden. Die Transparenz gegenüber der Bürger_innen ist maßgeblicher Faktor einer Bewerbung. Der Bürgerdialog, sowie die Kooperation der Städte hinter einer Bewerbung, waren Thema aller Gastreferenten und Barcamps, denn auch wenn ein Wettbewerb von Konkurrenz geprägt ist, sind Netzwerke und Austausch die einzige Möglichkeit erfolgreich zu sein und aus bereits gemachten Fehlern zu lernen. Denn selbst wenn die eigene Stadt nicht gewinnt, wird das Bewusstsein für Kultur und das Engagement der Bürger_innen maßgeblichen Anteil an einem Imagewechsel der Stadt beitragen. Ein stetiger Arbeitsprozess, der mit der Bewerbung begonnen hat und hoffentlich nicht wieder verloren geht.

Kultur ist so vielfältig und doch einzigartig, wie die Produktion eines exklusiven Stoffes. Jedes Quartier, jede Institution und jeder Investor, ja jeder Unterstützer bildet seine eigene Spindel. Gezielt ausgerichtet, fein säuberlich gepickt und geprüft, spinnen wir gemeinsam diesen Stoff. Chemnitz wird in ein neues Gewand verpackt, um so in der kulturellen Moderne anzukommen. Denn auch bei Gewinnen des Titels der Kulturhauptstadt, so laut dem kroatischen Kulturanthropologen und Projektmanager von Rijeka 2020 Dorian Celcer: „Es ist ein leerer Sack mit einem Millionen Dollar Label“, es liegt allein in der Kooperation, eine Umsetzung möglich zu machen. „Der Runde Tisch der üblichen Kulturvertreter“ ist dabei dauerhaft auf die Ideen und Hilfe der Bürger_innen angewiesen, sowie die Bürger_Innen auf die Transparenz und Mitbestimmung.

Es wurde im Kollektiv analysiert und definiert, jetzt wollen wir hoffen das auch realisiert und nicht prokrastiniert wird, denn dann hat Chemnitz eine mehr als realistische Chance Kulturhauptstadt 2025 zu werden.

Die Autorin: Linda Harant (25), Bloggerin

Linda studiert seit Oktober 2014 Soziologie an der TU Chemnitz. Die gebürtige Karlsruherin wünscht der Stadt Chemnitz neue Möglichkeiten die Potenziale, die sie hat, auszuschöpfen und dabei nicht an bürokratischen Hürden zu scheitern.

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