Am 10. Mai 1933 fand die von der NSDAP, der SA, der Hitlerjugend und dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund initiierte „Aktion wider den undeutschen Geist“ ihren Höhepunkt. Auf dem Berliner Opernplatz und an weiteren Universitätsstandorten verbrannten Nazionalsozialist:innen Bücher, Schriften und Kunstkataloge unliebsamer Schriftsteller:innen, Künstler:innen sowie Wissenschaftler:innen. Die gesamte „schöne“ und humanistische Literatur dieser Zeit wurde von den Flammen gefressen.

Vor dem Hintergrund des Jahrestages der Bücherverbrennung las Chemnitz am Dienstag, den 10. Mai 2022 in Buchhandlungen und Bibliotheken, in Kulturhäusern und Kirchen, in Museen, in Bildungseinrichtungen, in Bistros und auf öffentlichen Plätzen. Gelesen wurde aus verbrannten Büchern, unterdrückter Literatur und aus couragierten Texten, die Krieg, Gewalt und Ausgrenzung die Stirn bieten.

Jede und jeder war eingeladen, mitzulesen und am 10. Mai an den Orten zuzuhören.

Die Lesung begann zum Sonnenaufgang um 5:27 Uhr im neuen Quartier der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 GmbH in der Schmidtbank-Passage und wanderte anschließend durch die Stadt, um zum Sonnenuntergang um 20:43 Uhr zum Sitz der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz GmbH zurückzukehren, wo der Tag bei einem geselligen Beisammensein und Häppchen ausklang.

Chemnitz las am 10. Mai 2022 vielstimmig und vielsprachig, untern anderem in ungarischer, hebräischer, spanischer, russischer, portugiesischer, tschechischer und katalanischer Sprache. Chemnitz liest aus Texten von Mascha Kaléko, Erich Kästner, Simone Weil, Bertolt Brecht, Marina Zwetajewa, Jizchok Leib Perez, Rose Ausländer, Albert Einstein, Nelly Sachs, John Lennon, Ilse Rau und Stefan Heym.

Auch der Oberbürgermeister der Stadt Chemnitz, Sven Schulze, beteiligte sich an der Aktion und liest – ebenso wie beispielsweise die Leiterin der Städtischen Musikschule Nancy Gibson. Der langjährige Schauspieldirektor der hiesigen Bühnen Hartwig Albiro, die Überlebende der Schoa Renate Aris, der ehemalige Superintendent und Ehrenbürger der Stadt Christoph Magirius, die Migrationsbeauftragte der Stadt Etelka Kobuß, der Inhaber der Buchhandlung „Lessing und Kompanie“ Klaus Kowalke und die Fleischermeisterin und Teamchefin der Nationalmannschaft des Fleischerhandwerks Nora Seitz haben ebenfalls Texte vorgelesen.

Prof. Dr. Ulrike Brummert präsentierte zwei Programme im Rahmen der Lesung und zugleich im Rahmen des Flanierlesens: ENT_RÜSTET (Texte gegen Krieg und Gewalt) sowie Across the sea (Texte von Autor:innen, die auf der Flucht vor NS und Gewalt ein Meer überquerten).

Foto: Ernesto Uhlmann

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