Ohne Titel (ESDA)

 Aus einer grünen Wiese ragen spitzwinklige, an Sheddächer erinnernde Objekte wie junge Triebe eines Wurzelrhizoms hervor. Zusammen mit einer schlanken, gemauerten Esse aus Ziegelsteinen des ehemaligen Lichtensteiner „Krystallpalast“ und späteren „Klubhaus 7. Oktober“, das hier einst zum Tanzen einlud, erinnert diese Anordnung an ein Klischee von Industriearchitektur. Eine Soundcollage vermittelt Geräusche von Strumpfwirkmaschinen, die an die einstigen VEB Feinstrumpfwerke ESDA und die hier tätigen Arbeiterinnen und Arbeiter erinnern. Aber: Dies ist keine Fabrik!

Der in Berlin lebende Bildhauer Iskender Yediler platziert in Lichtenstein/Sa. ein dem Surrealismus verwandtes Kunstwerk, das ortsspezifische Realität, Geschichte(n) und Klischees verbindet.

Yediler, 1953 in Eskişehir/Türkei geboren, wuchs als Sohn tatarischer Eltern in München auf, studierte an der Münchner Kunstakademie und später in Düsseldorf als Meisterschüler von Ulrich Rückriem. Von ihm übernahm der Bildhauer die Platzierung erratischer, wie aus dem All gefallener Fragmente im öffentlichen Raum.

Mit der Arbeit Ohne Titel (ESDA), die an ein aus der Erde sprießendes Fabrikgebäude erinnert und die Gemälde der Pittura Metafisica von Giorgio de Chirico in Erinnerung ruft, aktiviert Yediler vorhandene Netzwerke vor Ort. Es sind Menschen, Maschinen und Steine gleichermaßen, die in Yedilers Werk zu ihrem Recht kommen und neue Sprossen treiben.

Der Kunst- und Skulpturenweg PURPLE PATH

Die Landschaften um Chemnitz – das Erzgebirge, Mittelsachsen, das Zwickauer Land – sind tief geprägt von der 850-jährigen Geschichte des Bergbaus. Der Abbau von Silber, Zinn, Kobalt, Kaolin und Wismut hat das Leben bestimmt; alle Wege, Straßen, Siedlungen haben irgendwie damit zu tun. Es ist eine Geschichte mit Höhen und Tiefen, die im 21. Jahrhundert neu entdeckt werden will.

»C the Unseen« lautet das Leitmotiv der Kulturhauptstadt Europas 2025. Chemnitz und die Region werden Besucher:innen aus der ganzen Welt empfangen. Ein zentrales künstlerisches Angebot ist der Kunst- und Skulpturenweg des PURPLE PATH mit Arbeiten von internationalen und sächsischen Künstler:innen.

Kuratiert von Alexander Ochs orientiert sich der PURPLE PATH am Narrativ „Alles kommt vom Berg her“ und verbindet 38 Kommunen im Erzgebirge, in Mittelsachsen und dem Zwickauer Land mit der Europäischen Kulturhauptstadt Chemnitz 2025.

Uli Aigners Monumentale Porzellane ist das sechste Kunstwerk am kontinuierlich wachsenden PURPLE PATH. Bereits installierte Werke stammen von Nevin Aladağ in Zwönitz, Tony Cragg in Aue-Bad Schlema, Friedrich Kunath in Thalheim, Tanja Rochelmeyer in Flöha und Carl Emanuel Wolff in Ehrenfriedersdorf.

Ohne Titel (ESDA), Iskender Yediler, 2023; Courtesy: Iskender Yediler

Fotos: Johannes Richter

Texte: Ulrike Pennewitz / Alexander Ochs

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