Die Europäische Kulturhauptstadt bewegt sich weiter am Kunst- und Kulturweg PURPLE PATH, und nach der Einweihung der Kunst großer Künstler wie Richard Long oder Tony Cragg wurde das Programm intensiv kleinteilig, divers und „glocal“. Globale Ideen verbanden sich mit lokalen Initiativen und so wurde die Frage nach der Beteiligung der Region, ihrer Künstlerinnen und Künstler und ihrer Institutionen neu beantwortet. Los ging es mit einem Workshop für Holzbildhauer, dem „Annaberger Impuls“. Rolf Büttner, Roland Buschmann, Sebastian Mvller, Christoph Roßner, Lothar Sachs, Uwe Schwarz, Jörg Seifert, Thomas Suchomel und Silvio Ukat, neun Bildhauer also, schufen auf Einladung von Jörg Seifert vom Annaberger Kunstkeller neun qualitativ hervorragende große Skulpturen. Eine Woche lang rückten sie mit Motorsägen fetten Stämmen aus Buchenholz zu Leibe. Hatten die Bildhauer schon im Lauf der letzten Woche Dichter:innen und Musiker:innen eingeladen, kam es am 17. September im Buchholzer Waldschlösschen zum Showdown. Die Präsentation der Skulpturen war eingebettet in ein großes Kinder- und Familienfest, das sprichwörtlich ins Wasser fiel. Trotzdem hielten viele Besucherinnen und Besucher aus, und Oberbürgermeister Rolf Schmidt hielt im strömenden Regen eine kleine Begrüßungs- und Dankesrede.

Unmittelbar davor hatte in einer anderen Kommune am PURPLE PATH, in der Hochschulstadt Mittweida, eine Performance der jüdischen Künstlerin Adi Liraz stattgefunden, die sich an einem Text der 1901 in Czernowitz, in der heute ukrainischen Bukowina, geborenen Schriftstellerin und Mystikerin Rose Ausländer orientierte. Gefolgt von gut dreißig Jüdinnen und Juden aus ganz Europa streute sie Blätter roter Rosen und kleine Stückchen gefrorenen Wassers auf die Straßen Mittweidas. Die Performance startete im heutigen „Städtischen Freizeitzentrum“, in einem früheren Gebetssaal der jüdischen Gemeinde Mittweidas. Dort feierten die von der Kulturhauptstadt eingeladenen Künstler:innen mit dem Kurator des PURPLE PATH, Alexander Ochs, und einigen Gästen aus Mittweida Schabbat – den ersten Schabbat in Mittweida seit fast 90 Jahren, waren die Juden in den 1930er Jahren doch auch aus Mittweida vertrieben und deportiert worden. Anlass für Schabbat und Performance war der in der Hochschule ausgerichtete Kongress „Die dritte Generation. Deutschland: Neue Heimat?“, an der neben jüdischen (und nicht jüdischen) Schriftstellern, Verlegern, bildenden Künstlern, Musikern, Tänzern  und dem Rabbiner Netanel Olhoeft  auch der Rektor der Mittweidaer Hochschule, Prof. Dr. Ludwig Hilmer und der Mittweidaer Historiker Dr. Jürgen Nitsch teilnahmen. Die Performance „Suchen“ endete in dem wunderbaren neuen Museum „Altes Erbgericht / Museum Alte Pfarrhäuser Mittweida“ mit einer Ausstellung des israelisch-deutschen Künstlers Benyamin Reich, die von der Direktorin des Museums, Sybille Karsch wunderbar in Szene gesetzt wurde.

Am Sonntag dann traf sich die Kulturhauptstadt in der Lößnitzer Hospitalkirche St. Georg, die ihren ersten Schritt in die Transformation zur Kunstkirche für 2025 erlebte. Gefeiert wurden am Tag des Friedhofes kleine Kunstwerke, in Lößnitzer Schiefer gravierte Grabsteine. Aus Berlin kam der Kunstpfarrer Hannes Langbein der Stiftung St. Matthäus, der in seiner „Europäischen Bergpredigt“ nicht nur auf die Geschichte des Christentums im Bergbau verwies, sondern auch auf die für 2025 in dieser Kirche geplante Arbeit der Weltkünstlerin Rebecca Horn „Universe in a Pearl“ einging.

Ein tolles Wochenende in der Region, lokal und global, Handarbeit traf kluge Köpfe, organisiert und unterstützt vom Flagship PURPLE PATH und seinem Partner ‚So geht Sächsisch.‘ sowie den Kommunen Annaberg-Buchholz, Mittweida und Lößnitz. Alle gemeinsam. So kann es gehen!

Text: Alexander Ochs

Fotos: Bildhauer-Symposium „Annaberger Impuls“: Jörn Michael

Schiefe(r)Kultur am Tag der Friedhofskultur: Bernd Pudwil

Die dritte Generation. Deutschland: neue Heimat?: Daniel Dost

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