EINLADUNG ZUM KÜNSTLER:INNENGESPRÄCH: WIE KANN KUNST NEUE UND VERLOREN GEGANGENE QUALITÄTEN IN UNSEREM ALLTAGSLEBEN AKTIVIEREN?

Im Rahmen ihrer Recherchen zur Entwicklung einer künstlerischen Intervention für „WE PARAPOM!“ werden am 2. Juli 2022 die Künstler:innen Zbyněk Baladrán, Amica Dall (Assemble), Paul Rajakovics (transparadiso) und Apolonija Šušteršič ihre Arbeitsweisen, sowie ausgewählte Projekte vorstellen. Im anschließenden Austausch mit dem Publikum sind kulturelle Akteur:innen der Stadt, alle interessierten Chemnitzer:innen und Gäste eingeladen, Themen für „WE PARAPOM!“ vorzuschlagen und diese, in Bezug auf aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen in Chemnitz, gemeinsam mit den Künstler:innen und der Stadtethnologin Kathrin Wildner (metroZones) zu diskutieren. Der Austausch von unterschiedlichen Sichtweisen auf die Stadt, von Erfahrungen und Wünschen, eröffnet neue Visionen, die das „Nicht-Machbare“ hinter sich lassen und das Unmögliche anstreben.

Diese Veranstaltung findet in englischer Sprache statt. Zur Überwindung der Sprachbarriere unterstützt das Team situativ mit Übersetzung.

Das Kunstprojekt „WE PARAPOM! – Europäische Parade der Apfelbäume“ ist eines der ersten sichtbaren Projekte im Programm der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025. In einer Achse quer durch die Stadt und über Grundstücksgrenzen hinweg sollen bis zu 4.000 Bäume verschiedener europäischer Apfelsorten gepflanzt werden. Die Apfelbaum-Pflanzungen werden bis 2025 fortlaufend von künstlerischen Interventionen begleitet. Diese greifen aktuelle gesellschaftliche Themen wie Migration, Arbeitsbedingungen, Ökologie, Bodenversiegelung, Hinterfragung der Repräsentation von Macht auf und regen Diskussionen zur aktuellen Situation der Demokratie und einem neuen Engagement der Zivilgesellschaft für eine aktive demokratische Teilhabe an.

„WE PARAPOM!“ wird kuratiert von der Künstlerin Barbara Holub. Weitere Infos und Hintergründe zum Projekt auf weparapom.eu.

Im Anschluss an die Veranstaltung laden wir zum gemeinsamen Besuch der Kunstaktion MOVING GARDEN von Maider López ein. Treffpunkt ist um 18:30 Uhr an der Brückenstraße.

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PROGRAMM

 Ort: ehemaliger EDEKA-Markt/Kaufhalle, Bahnhofstraße 62, 09111 Chemnitz

 

14:00–14:30 Uhr: Apolonija Šušteršič, Oslo/Ljubljana

14:30–15:00 Uhr: Paul Rajakovics (transparadiso), Wien

15:0015:15 Uhr: Kaffee-Pause

15:15–15:45 Uhr: Zbyněk Baladrán, Prag

15:45–16:15 Uhr: Amica Dall (Assemble), Barcelona/London

16:15–17:00 Uhr: Diskussion moderiert von Kathrin Wildner, Berlin

WIR HABEN EINGELADEN:

Apolonija Šušteršič: Nachbar:innen & Bürger:innen

Apolonija Šušteršič wird ihre Praxis vorstellen und über das laufende Projekt NEIGHBOURS & CITIZENS sprechen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Konzept der „Nachbar:innen“ und die Rolle der „Bürger:innen“. Dabei wird die Geschichte und die Zukunft unserer Gesellschaft hinterfragt, sowie die Frage nach einer gerechten Vergangenheit und Zukunft in unserer unmittelbaren Nachbarschaft thematisiert. Das Projekt ist eine Übung in Zusammenarbeit, Solidarität und der Sorge für die unmittelbare Umgebung.

Apolonija Šušteršič ist Künstlerin und Architektin und unterrichtete an der Nationalen Kunstakademie Oslo, wo sie das Programm Kunst und öffentlicher Raum leitete. Ihre forschungsbasierte Praxis ist so angelegt, dass sie verschiedene Bereiche der räumlichen Praxis und der kritischen Theorie mit Projekten verbindet, die die Zusammenarbeit zwischen Individuen oder Gruppen aktivieren sollen. Sie schafft Prozesse des Engagements und Plattformen für Aktionen, bei denen Menschen ihren Sinn für Handlungsfähigkeit wiederfinden können, indem sie sich an der Arbeit mit Raum und Ort beteiligen. Ausstellungen u.a.: Tirana Biennale 3, Tirana; 12. Architektur Biennale, Venedig, und Gwangju Biennial.

Paul Rajakovics (transparadiso): Direkter Urbanismus: Künstlerisch-urbanes Handeln für Stadt und Gesellschaft

Das transdisziplinäre Handeln von transparadiso ist geprägt von der Methode des direkten Urbanismus, in dem künstlerisch-performative Aktionen und urbane Interventionen eingesetzt werden, um die zunehmend unplanbaren Herausforderungen von Stadtentwicklung zu adressieren – für eine sozial engagierte Gesellschaft.
transparadiso arbeitet an der Verschiebung von Grenzen und schafft dafür Situationen, für die sie künstlerische Strategien wie Wunschproduktion, antizipatorische Fiktion oder Makro-Utopie einsetzen. Anhand der Projekte Commons kommen nach Liezen, Times of Dilemma und Harbour for Cultures zeigt Paul Rajakovics, wie Grenzen zwischen Volkskultur und Hochkultur aufgebrochen werden und wie sich Kunstprojekte wirtschaftsliberalen Interessen widersetzen können.

Paul Rajakovics ist Architekt, Urbanist und Künstler. 1999 gründete er transparadiso mit Barbara Holub als transdisziplinäre Praxis zwischen Architektur, Städtebau, Kunst und urbanen Interventionen und ist Redaktionsmitglied der dérive-Zeitschrift für Stadtforschung. Er lehrt u.a. an der TU Wien und realisierte Workshops u.a. an der Universidad Católica/Valparaíso, London Metropolitan University und IUAV Venezia. Preise und Stipendien:  Schindler Stipendium/Los Angeles, 2004, Otto-Wagner-Städtebaupreis 2007, Österreichischer Kunstpreis 2018 für bildende Kunst. Partner des EU-Projekts SPACEX (Spatial Practices in Art and Architecture for Empathetic Exchange, 2022-2025).

Foto: Tomáš Vodňanský

Zbyněk Baladrán: Die Grenzen der Zusammenarbeit

Was sind die Grenzen der Zusammenarbeit? Ist individuell konzipierte Kunst noch ein Ausdruck gesellschaftlicher Wünsche und Leidenschaften? Haben nicht das Internet, die Massenmedien und die Konzerne diese Rolle übernommen? Der Vortrag ist eine Beschreibung der Praxis des Künstlers, an der Grenze zwischen Kunst- und Wissensproduktion und ein Versuch, Aktivitäten zu artikulieren, nachdem die Postmoderne endete und nichts anderes begann.

Zbyněk Baladrán ist Autor, bildender Künstler, Kurator und Ausstellungsarchitekt. In seinen Arbeiten untersucht er die Gebiete, die von dem Teil der Zivilisation besetzt sind, den wir als westlich bezeichnen. Mit ähnlichen Methoden wie Ethnographen, Anthropologen und Soziologen gräbt dieser posthumanistische „Archäologe“ die Überreste der nicht allzu fernen Vergangenheit aus, wobei er insbesondere die gesellschaftlichen Systeme im Zusammenhang mit dem Erbe der politischen Linken untersucht. Er studierte Kunstgeschichte an der Fakultät für Kunst der Karlsuniversität und Neue Medien an der Akademie der Schönen Künste in Prag. Im Jahr 2001 war er Mitbegründer von Display – Association for Research and Collective Practice, wo er als Kurator und Organisator tätig ist. Er nahm an Ausstellungen wie der Manifesta 5 in Donostia/San Sebastian (2004), der 11. Lyon Biennale, der 56. La Biennale di Venezia (2013) und im MoMA (2015) teil. Er wird von der Galerie Jocelyn Wolff in Paris, der Galerie Gandy in Bratislava, Hunt Kastner in Prag und der Genossenschaft Salvator Rosa vertreten.

Amica Dall (Assemble): Arbeite niemals mit Kindern oder Tieren

Amica Dall wird einen kurzen Überblick über ihre Arbeit mit Kindern geben und einige der theoretischen und kulturellen Rahmenbedingungen beschreiben, die diese Arbeit unterstützen, beleben und ermöglichen. Die Arbeit mit Kindern wird oft als ein sozialer Akt oder als eine Art des „Zurückgebens“ verstanden. Amica Dalls Arbeit basiert stattdessen auf einer gegenteiligen Dynamik, in der die kreativen, politischen und sozialen Erkenntnisse von Kindern die treibende Kraft sind und neue Möglichkeiten bieten, sich der Welt zu nähern und in ihr zu handeln.

Amica Dall ist interdisziplinäre Praktikerin und Gründungsmitglied von Assemble, Gründerin von Assemble Play, Gründungstreuhänderin des Baltic Street Adventure Playground/Glasgow, und von Theatrum Mundi, London/Paris. Sie ist Expertin für partizipative Praktiken für die Einbeziehung von Kindern in Organisations- und Designprozesse und für die Gestaltung von Spiel- und Lernräumen. Sie lehrte u.a. an der Architecture Association (2018-21), der Bartlett School of Architecture (2019-2021), sowie der Kingston School of Art (2018-19) und war als Gastdozentin am Dirty Art Depart, Sandberg Institute Amsterdam, sowie am Royal College of Art/ London tätig. Derzeit lehrt sie im Bereich/Fachgebiet „Situated Practice“ an der Bartlett School of Architecture, führt Design- und Forschungsprojekte durch und arbeitet als Designerin, Kuratorin und gelegentliche Pädagogin bei Banana Mountain, einer unabhängigen Lerngemeinschaft für Kinder zwischen 6 und 16 Jahren, wo sie auch ein AIR-Programm für Künstler:innen, die mit Kindern arbeiten, leitet. 2015 erhielt Assemble Play den Turner Prize.

Kathrin Wildner forscht als Stadtethnologin in New York, Mexiko-Stadt, Istanbul und anderen urbanen Konglomerationen. Ihre Forschungsschwerpunkte sind ethnographische Methoden der Raumanalyse, Theorien des öffentlichen Raumes, transnationaler Urbanismus und künstlerische Praktiken. Sie ist an zahlreichen internationalen Projekten, Publikationen und Ausstellungen beteiligt, Gründungsmitglied der Gruppe „metroZones“ und wissenschaftlich-künstlerische Koordinatorin des Forschungs- und Ausstellungsprojektes „Global Prayers. Befreiung und Erlösung in Megastädten“. Von 2013 bis 2015 war sie Gastprofessorin im Masterstudiengang Raumstrategien der Kunsthochschule Berlin Weißensee. Von 2012 – 2021 hatte sie die Professur für Kulturtheorie und Kulturelle Praxis an der HafenCity Universität Hamburg inne.

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