Karolin Schwab: My Floating Home

Niederwiesa

Eine rote, minimalistische Skulptur in Hausform steht inmitten eines üppigen grünen Waldes und spiegelt sich wunderschön im ruhigen Wasser darunter. Das offene Gerüst bildet einen Kontrast zum dichten umgebenden Laub.
Karolin Schwab, My Floating Home, 2024, Courtesy: Karolin Schwab, Foto: Johannes Richter

Was bedeutet es, zu Hause zu sein? „Körperlich an einem Ort anwesend zu sein, im Moment des Augenblicks verankert und mit den Gedanken doch weit weg“, so beschreibt es die Künstlerin Karolin Schwab selbst. In ihrem Projekt My Floating Home geht die 1987 in Stralsund geborene und in Berlin lebende Schwab der hier aufgeworfenen Frage mit ortsspezifisch intervenierenden Skulpturen nach, die in ihrer äußeren Form an die Umrisse eines Hauses erinnern und im Wasser stehen. 

In Niederwiesa, OT Braunsdorf platziert die Künstlerin in situ rot-pulverbeschichtete Vierkantrohre wie eine flüchtige, dreidimensionale Hausskizze in den Mühlgraben, einem Bypass der Zschopau. Steht Karolin Schwabs erste Skulptur My Floating Home in einigen hundert Meter Entfernung vom dänischen Arken Museum für Moderne Kunst auf der weiten, spiegelnden Wasserfläche der Ostsee, zwängt sich die für Braunsdorf konzipierte Arbeit zwischen die Ufer-Böschungen des zum Betrieb der nahen Getreidemühle angelegten Grabens. Mit dem Wechsel der Jahreszeiten entstehen zwischen dem roten Hausumriss und der Umgebung in einem wörtlichen wie übertragenen Sinne ständig wechselnde Bilder im Wasser.  

Niederwiesa ist ein Ort scheinbarer Gegensätze zwischen dem barocken Schloss Lichtenwalde mit seinen Kunstsammlungen, Parkanlagen und Wasserspielen und der Textilindustrie, die sich um 1800 im Ortsteil Braunsdorf ansiedelte und die erste Maschinenspinnerei Sachsens in Betrieb nahm. Was Kunst und Arbeit verbindet, ist die Zschopau, die sich mäandernd durch die Landschaft schlängelt. Ihr Wasser speist(e) sowohl die barocken Fontänen im Landschaftspark Lichtenwalde als auch die ehemaligen Fabriken zur Tuch- und Garnherstellung sowie die heute noch existierende Getreidemühle. 

Karolin Schwab
My Floating Home

Fassadengestaltung Niederwiesa: Anna Schwörer

In Niederwiesa, Webermühle Braunsdorf und Schauweberei Braunsdorf

Material: feuerverzinkter Stahl (pulverbeschichtet) / bedrucktes PVC-Mesh

Maße: 3,30 x 2,00 x 2,00 m

Aufgestellt mit Unterstützung der Gemeinde Niederwiesa.

Adresse:
Am Mühlengraben
auf Höhe Inselsteig 16
09577 Niederwiesa OT Braunsdorf

zum Standort auf Google Maps

Niederwiesa – Die Energie des Wassers

Im Tal der Zschopau trieb die Kraft des Wassers über Jahrhunderte die wirtschaftliche Entwicklung an. Es bot Energie für Mühlen und Textilfabriken. Entlang des Flusslaufes zweigen immer wieder künstlich angelegte Mühlgräben ab, die das Aufschlagwasser auf die Mühlräder brachten. So auch in Niederwiesa, im Ortsteil Braunsdorf. 
Hier steht mitten im Mühlgraben der Webermühle Braunsdorf die Kunstinstallation My Floating Home von Karolin Schwab. Die fluide Natur des Wassers der Zschopau, das durch das Kunstwerk fließt, symbolisiert den Wandel der Zeiten. Seit dem 16.Jh. existiert der Mühlenstandort. Heute ist die Webermühle Braunsdorf ein Familienunternehmen in 4.Generation.

Der Mühlgraben verbindet die Webermühle auch mit der Historischen Schauweberei Braunsdorf. Nahezu 200 Jahre Geschichte der sächsischen Textilindustrie dokumentiert dieses Technische Museum und Denkmal. Besonderheiten sind die original erhaltenen Produktionssäle und funktionstüchtige Maschinen, die auch vorgeführt werden. Viele der Maschinen stammen aus dem Chemnitzer Maschinenbau (Sprungmarke: Thema Chemnitz).

Im Gebäude der Schauweberei hat seit 1999 auch ein Textilunternehmen mit großem Namen sein Domizil: die Cammann Gobelin Manufaktur. Es ist das Nachfolgeunternehmen der weltbekannten Chemnitzer Möbelstoff-Weberei Cammann & Co. Anna Schwörers Textilinstallation ist auf der rückwärtigen Fassade des Museums zu sehen. Besucherinnen und Besucher befinden sich hier übrigens am Kilometer 84 des reizvollen Zschopautal Radweges.

Vom Faden zum edlen Stoff: Historische Schauweberei Braunsdorf

„Den Zauber der alten Webkunst erleben“ – damit verspricht die Historische Schauweberei Braunsdorf nicht zu viel. Sie gehört zu den bedeutendsten Technischen Museen und Denkmalen der Textiltradition in Sachsen. Zu sehen sind komplett erhaltene textile Produktionsstätten, die auch in Funktion vorgeführt werden.  
Die historischen Wurzeln des Standortes reichen zurück bis um 1800. Ab 1827 produzierte hier eine Spinnerei Garne, deren Maschinen von der Wasserkraft der Zschopau angetrieben worden. Im Laufe des 19. Jhs. Sind außerdem eine Schafwollwäscherei und Färberei sowie eine Filzfabrikation bezeugt.

1910 war ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Fabrik. Der Chemnitzer Webereiunternehmer Paul Martin Adolf Tannenhauer (1857-1926) kaufte das Areal, baute es um und richtete mit neuen mechanischen Webstühlen eine Möbelstoffweberei ein. Seine Fertigung in Chemnitz wurde komplett nach Braunsdorf verlagert. 1912 stieg sein Sohn Kurt Tannenhauer (1890-1971), der zuvor in Südamerika weilte, mit in den Betrieb ein.

Als sein Vater 1926 starb, führte Kurt Tannenhauer die Weberei allein weiter. Ab 1936 firmierte sie unter dem Namen Weberei Kurt Tannenhauer – Möbel- und Dekorationsstoffe. Mit dem NS-Regime geriet der Unternehmer in Konflikt, als er sich während des Zweiten Weltkrieges weigerte, Uniformstoffe zu weben. Infolgedessen erhielt er auch kaum noch andere Aufträge, musste die Fabrik und die Belegschaft mit Kleinaufträgen über die Kriegszeit retten.

Nach dem Krieg gelang Kurt Tannenhauer ein Neustart mit der Herstellung edler Biedermeierstoffe. Ihre hohe Qualität war gefragt im internationalen Markt, sodass sie nach Australien, in die arabische Welt, nach Skandinavien und Westdeutschland verkauft wurden. Die schrittweise Zwangsverstaatlichung während der DDR-Zeit in den Jahren 1961 und 1972 ging auch am Familienunternehmen der Tannenhauers nicht vorbei. Seine Tochter Eva arbeitete trotzdem von 1950 bis 1990 als Textilgestalterin im Unternehmen, Sohn Werner als kaufmännischer Leiter.

Als sogenannter Volkseigener Webereibetrieb (VEB) produzierte man noch bis 1990 Möbelbezugs- und Dekostoffe. 1991 erhielten die Geschwister das Familienunternehmen zurück. Gemeinsam mit dem Förderverein des Industriemuseums Chemnitz entwickelte man ein Konzept, um Gebäude und Maschinen zu erhalten. 1994 erfolgte die Ernennung zum technischen Denkmal und Museum, das sich seit 1996 in Trägerschaft der Gemeinde Niederwiesa befindet.

Das historische Haus der Tannanhauerfabrik selbst befindet sich im Privatbesitz des Berliner Architekten Ulrich Ferger, der hier ein Gästehaus mit Eventlocation betreibt. Auf dem Gelände hat außerdem der freischaffende Bildhauer und kreative Steinmetz Frank Heim seine Werkstatt „Heimstein".

Anja Schwörer: Fassadengestaltung

Die in Berlin lebende Künstlerin Anja Schwörer besuchte schon im Jahr 2022 die Region, um in den Textilmuseen in Limbach-Oberfrohna und Niederwiesa-Braunsdorf vielbeachtete Workshops zum Nähen von Fahnen durchzuführen. Seit vielen Jahren arbeitet Schwörer mit einer speziellen Falttechnik, sie tränkt Nessel in Farbe und wäscht diese immer wieder aus, sodass an Konstruktive Malerei gemahnende Muster entstehen, die auch die Form der genähten Fahnen bestimmen.

Die an der Zschopau gelegene Historische Schauweberei Braunsdorf schaut auf eine mehr als 200-jährige Geschichte der Weberei und Textilbearbeitung zurück. Die Künstlerin beabsichtigt eine aus Kunststoff (wetterfesten Textilien) gefertigte großformatige Außenskulptur vor die Fassade des Museums zu hängen, die in eine gewisse geometrische Korrespondenz mit dem gegenüber installierten Floating Home von Karolin Schwab tritt.

Zschopautal Radweg: Der Königsweg des Erzgebirges

Das Zschopautal ist ein 136 km langes Tal mit vielen Gesichtern: steile Felsenschluchten, grüne Auen und dichte Wälder, malerische Ortschaften, stolze Burgen und Schlösser, historische Brücken, Industriedenkmale und Zeugnisse des Bergbaus. In wohl kaum einem anderen Tal Sachsens kann der Radtourer auf wenigen Kilometern so viele unterschiedliche und abwechslungsreiche Eindrücke sammeln.

Eine Radtour durch das Zschopautal zeigt dem Radwanderer viele Seiten des Bundeslandes Sachsen, von dem die Einheimischen selbst sagen würden, diese seien typisch sächsisch: vom Erzgebirge bis zum Flachland, von unberührter Natur bis zur Jahrhunderte währenden Prägung durch Bergbau, Metall- und Textilindustrie, von architektonischen und kulturgeschichtlichen Reichtümern bis zu lebendigem Brauchtum.

Vom Quellgebiet am Fichtelberg zur Freiberger Mulde

Der Zschopautalradweg ist als 2-Tages-Tour (136 km) zu empfehlen. Sinnvoll ist eine Anreise am Tag zuvor im Startort Oberwiesenthal/Erzgebirge. Am Ende des 1. Tages bietet sich eine Übernachtung in Augustusburg an (nach 73 km). Damit ist die erste Etappe zwar 10 km länger als die zweite Etappe (63 km), aber auf dem ersten Teilstück, bis ca. KM 40 rollt es fast nur bergab. Besonders kulturell und historisch interessierte Radtourer sollten besser 3 Tage einplanen, um mehr Zeit für die eine oder andere Besichtigung entlang der Strecke zu haben.

Obwohl es entlang des Flusslaufes tendenziell bergab geht, ist die Tour aufgrund mehrerer Gegenanstiege trotzdem als mittelschwierig einzustufen (ca. 1.500 positive Höhenmeter). Da das Zschopautal teilweise ein sehr felsiges und steiles Tal ist, führt der Weg hin und wieder vom Flusslauf weg auf die Höhen oberhalb des Tales. Das ist zwar einerseits anstrengend, belohnt aber andererseits mit reizvollen Ausblicken in die Landschaft des Erzgebirges und Mittelsachsens.

Der Zschopautalradweg führt vom Quellgebiet der Zschopau am Fichtelberg, dem höchsten Berg Sachsens (1218 m), bis zu deren Einmündung in die Freiberger Mulde bei Döbeln. Dort geht er nahtlos in den Mulderadweg über.

Kulturelle Schatzkammer im Barockensemble: Schloss und Park Lichtenwalde

Nur zwei Kilometer von den Niederwiesaer Kunstinstallationen am Purple Path entfernt, befindet sich das Schloss Lichtenwalde. Bereits im 12. Jh. hat es hier wohl eine mittelalterliche Wehranlage gegeben. Heute steht hier eine großartige barocke Schloss- und Parkanlage, die in der ersten Hälfte des 18. Jhs. errichtet wurde.

Der imposante Gebäudekomplex mit drei Flügeln beherbergt im Schatzkammer-Museum eine große und vielfältige Sammlung mit Kulturgut und Kunst aus aller Welt. Zu sehen sind Kunst und Alltagsgegenstände aus Nepal und Tibet (Himalaja), kostbare Porzellane und Möbel aus China und Japan sowie Holzskulpturen des Ahnenkultes aus Westafrika.
Sehenswert sind ebenso die restaurierten historischen Räume aus dem 18.Jh., etwa das repräsentative Königszimmer, der der kunstvolle Rote und Grüne Salon, oder das prunkvolle Chinesische Zimmer sowie die Bibliothek, in der heute auch Trauungen stattfinden.

Vor allem in der warmen Jahreszeit ist ein Spaziergang durch den Schlosspark mit seiner Blütenpracht und den Wasserspielen ein wahres kulturhistorisches Vergnügen. Im Stile eines französischen Barockgartens angelegt, integriert er auf überraschende Weise diverse Rokokoelemente, teilweise mit romantischer Überformung. Um 1800 entstand als Erweiterung noch ein englischer Landschaftspark. Liebhaber der europäischen Gartenkultur können hier im angenehm kühlen Klima des Zschopautals ihren Entdeckerfreuden freien Lauf lassen.  

Zukunft machen: Eine typische Mentalität im Erzgebirge

Innovationen und Traditionsbewusstsein, Offenheit und Zuwanderung sicherten seit jeher das Überleben der Montanregion Erzgebirge. All das zeugt von vielen Transformationsprozessen, die weit in die Geschichte zurückreichen und teils bis heute andauern. Die Region war immer in Bewegung. Menschen kamen und gingen mit dem wirtschaftlichen Auf und Ab, erfanden sich kulturell neu und entwickelten Handwerk und Technik weiter. So ist es bis heute.

Qualitätsmehl aus regionalem Korn: Webermühle Braunsdorf

Bereits auf einer Urkunde aus dem 16.Jh. ist eine Mühle in Braunsorf an der Zschopau erwähnt. Dieser langen Geschichte ist man sich hier wohlbewusst und setzt auf die Tradition regionaler Produkte. Weizen und Roggen kommen aus den nahen Anbaugebieten der Region bis zur Lommatzscher Pflege (Sachsen) und dem Altenburger Land (Thüringen), die von der Kornqualität her zu den besten in Deutschland gehören. Auch das Wasser der Zschopau wird noch zur Energieerzeugung genutzt, wirksam ergänzt durch leistungsfähige Photovoltaikanlagen. 

Regionale Qualitätslieferanten, nachhaltige Energieerzeugung und schonende Mahlverfahren mit moderner Technik – darauf baut das Familienunternehmen Webermühle, das nun bereits von der 5.Generation geführt wird. Stolz ist man hier, mit seinen qualitätvollen regionalen Mehlen und gemeinsam mit dem Bäckerhandwerk die Vielfalt der deutschen Brotkultur zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Peggy Wunderlich und Torsten Bäz: Cammann Gobelin Manufaktur
 
Hochwertige Stoffe für klassische Möbel und auserwählte Räume – das ist das Markenzeichen der Cammann Gobelin Manufaktur Braunsdorf. Im August 2014 übernahmen Peggy Wunderlich und Torsten Bäz das Unternehmen als externe Nachfolger. Nach der Wende 1989/90 hatte es mehrere Besitzerwechsel gegeben. Nicht einfach war der Neustart der Firma mit ihrer großartigen Luxustextil-Geschichte nach der Wiedervereinigung, die zwischen 1972 und 1990 zwangsverstaatlicht in der Planwirtschaft der DDR existierte. 
Doch nun sind die Weichen auf Zukunft gestellt. Edle Stoffe aus Manufakturfertigung sind nach wie vor am Weltmarkt gefragt, zumal wenn sie einen Traditionsnamen haben. Möbelfabriken, Raumausstatter und Restauratoren historischer Gewebe setzten auf die Kompetenz aus dem Hause Cammann. Der Schatz des Hauses sind die unzähligen originalen historischen Stoffmuster. Wer sich von der Tradition und Kreativität inspirieren lassen möchte, kann einen Blick in das Online-Musterbuch werfen.
 
Der Firmengründer: Franz Paul Cammann

Die heutige Manufaktur geht zurück auf die Möbelstoff-Weberei Cammann & Co. in Chemnitz. Diese wurde 1886 von Franz Paul Cammann gegründet und zählte zu den weltweit führenden Produzenten von Luxusstoffen für Polstermöbel, Wandbespannungen  von Prunksälen, Salons, Theatern, Eisenbahnwagons und Schiffen. Geliefert wurde nach England, Indien, Nordamerika und in die arabische Welt.

In den 1920er Jahren zog das Unternehmen an die Blankenauer Straße 74, wo heute noch das imposante achtstöckige Verwaltungsgebäude (Baujahr 1923-26) mit seiner Turmspitze 40 Meter in den Himmel ragt. Es war seinerzeit das erste Hochhaus in Chemnitz und das höchste Gebäude der Stadt. Modern war bereits damals seine Konstruktion aus Stahlbeton, die vom Chemnitzer Architekten Willy Schönefeld entworfen wurde.

Hallenkunst 2025

Im Jahr 2025 findet auf dem Chemnitzer Cammann-Areal die große Ausstellung zur Geschichte der Graffiti-Kunst statt. Die „Hallenkunst 2025“ dokumentiert die weltweite Entwicklung mit einer umfassenden kunst- und kulturhistorischen Rückschau. Gezeigt werden Arbeiten von mehr als 70 Künstler:innen und 30 Galerien aus den USA, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Italien, Spanien, Polen, der Tschechischen Republik, Dänemark, Schweden, den baltischen Staaten, der Slowakei, der Ukraine und Ungarn.  

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