Poetik des Lichts.
Zwönitz: Bergstadt, Papierstadt und Textilstadt
Die Lichtinstallation „Color Floating“ von Nevin Aladağ erstrahlt über einem Teich im Austelpark Zwönitz. Dieser Ort hat viel zu tun mit der Industriekultur der Bergstadt (seit 1603). Schon in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts war er im Stile eines Englischen Gartens angelegt worden. Große Bäume, hochwertige Skulpturen, Pavillons, Grotten und Schmiedearbeiten schmückten den Landschaftspark während der Hochzeit der Zwönitzer Industrie.
Wasser, Eisen, Papier, Leder und Textil
Wasser und Eisen waren die ursprünglichen Antriebselemente der Zwönitzer Wirtschaft. Papier, Leder und Textil folgen und waren über Jahrhunderte gefragte Produkte. Teils erwuchsen sie direkt als Zuliefergewerbe aus dem Bergbau und prägten die Geschichte von Zwönitz über Jahrhunderte.
Während des Zweiten Weltkrieges verschwanden die meisten Kunstwerke im Austelpark. Seit 1977 steht er unter Naturschutz, ab 1990 wurde er umfassend saniert und rekonstruiert. Im Park steht auch die Gründerzeitvilla der Unternehmerfamilie Austel.
Licht als Metapher: Sehnsucht der Bergleute nach Licht
Licht hatte einst auch für die Bergleute eine symbolische Bedeutung. Erleuchtete Schwibbögen sind eine Metapher für die Sehnsucht der Bergleute nach Licht. Nach alter bergmännischer Sitte wurden bei der letzten Schicht vor Weihnachten, der „Mettenschicht“, über dem Mundloch des dunklen Bergwerkstollens oder auf dem Zechenhaus Kerzen so platziert, dass sie einen Lichtbogen bildeten.
Mettenschichten werden veranstaltet in der „Zinngrube Ehrenfriedersorf“, im „Markus-Röhling-Stolln“ Frohnau, am „Pferdegöpel Lauta“ bei Marienberg und im Besucherbergwerk Zinnwald. Das typische Ensemble des erzgebirgischen Weihnachtsschmuckes wird bis heute in vielen zumeist familiengeführten Manufakturen hergestellt und weltweit verkauft. Neben den Schwibbögen sind das Bergmann- und Engelfiguren, Nussknacker und Räuchermännchen, beleuchtete Weihnachtskrippen, Grubenmodelle und Pyramiden.
Aktiv-Tipp: Wandern in der Bergbauregion Zwönitz
Folgen Sie den Empfehlungen des Tourismusverbandes Erzgebirge und erkunden Sie Zwönitz auf Wanderwegen:
„Habt Acht auf Feuer und Licht“: Zwönitzer Nachtwächter
Bis ins Jahr 1672 lässt sich in Zwönitz die Tradition der Nachtwächter zurückverfolgen. Ursprünglich hielten sie als Stadtwache Ausschau nach Feuer und anderen Gefahren. Noch heute, jeweils freitags und samstags, entzünden die Zwönitzer Nachtwächter ihr Licht. Allerdings mehr unter touristischem Aspekt, denn sie führen Gäste durch die nächtliche Altstadt. Die Zwönitzer Nachtwächter sind international vernetzt und Mitglied in der Europäischen Nachtwächter- und Türmerzunft.
Zuliefergewerbe des Bergbaus: Industriedenkmal Papiermühle Niederzwönitz
Als eine der besterhaltenen Papiermühlen Deutschlands (seit 1568) ist die Papiermühle Niederzwönitz ein frühes Beispiel für die Entwicklung eines Zuliefergewerbes des Bergbaus im 16. Jahrhundert. Sie steht in direkter Verbindung mit dem Ausbau der Bergbauverwaltung, da hier bis 1873 Büttenpapier (aus textilen Lumpen) für die Bergbaubehörden produziert wurde.
Heute ist sie ein Technisches Museum und gilt als älteste noch funktionstüchtige Papiermühle Deutschlands. Damit wurde sie 2019 zu einem der assoziierten Objekte des UNESCO-Welterbes Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoří in der Bergbauregion Schneeberg.
Faden reißt nicht: Falke Strumpffabrik führt Zwönitzer Textiltradition weiter
In Zwönitz, Ortsteil Dorfchemnitz, befindet sich in der Fabrikstraße 4 ein Industriekomplex aus Backsteinmauerwerk, in dem schon weit über 100 Jahre Textilien gefertigt werden. In der DDR firmierte diese Produktion unter der bekannten Marke „ESDA“. Der Standort überlebte die schwierige Umstrukturierung der Wirtschaft im Zuge der Deutschen Einheit nach 1990.
Gerettet wurde er durch den Mut von Joachim Gerhardt und das Engagement vieler seiner Kolleginnen und Kollegen. Nach der Wende suchten sie Kontakt zur Unternehmerfamilie Falke im Sauerland, einer Traditionsmarke, die es seit 1895 gibt. Joachim Gerhardt wurde Werkleiter und ist bis heute Geschäftsführer. Falke vertraute auf die erzgebirgische Macher-DNA und investierte im Jahr 1991. Mit dem Know-how der erfahrenen Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter des Ortes wurde die Erfolgsgeschichte fortgeschrieben.
Smart City Zwönitz: Makerhub zur Digitalisierung
Industriekultur erhalten, traditionelle Gewerbe fortführen, Innovationen mitgestalten - die erzgebirgische Macher-Mentalität ist permanent aktiv. Im „Bunten Speicher“, einem 4.500 m2 großen Industriedenkmal, das früher als Kornspeicher und Weberei diente, ist viel Platz für neue Ideen. Zunächst sollen hier im Rahmen eines Projektes der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 einige Coworking-Plätze und einer Maker-Werkstatt eingerichtet werden. In der Kuppel des Gebäudes befindet sich eine Klanginstallation von Peter Piek, der Geräusche aus der Textilindustrie kreativ zu Sounds verarbeitet hat.
Als zukünftiges Gründer- und Innovationszentrum bietet das Gebäude ab 2024 viel Raum für Arbeitsplätze, Start-Ups und Innovationen. Und das passt gut zu Zwönitz. In einer Stadt im ländlichen Raum versuchen hier kreative Köpfe um Dr. Martin Benedict, neue Ideen für eine Smart City Zwönitz zu entwickeln. Der Elektrobus „ErzMobil“ fährt bereits seit 2022 und kann über die App gerufen werden.