Wie kann es gelingen, den Bewerbungsprozess reibungslos zu gestalten?
Die Bewerbung um den Titel ist eine lange Reise, auf der nicht immer alles sofort gelingt, berichten die Gäste aus Pilsen und Temeswar. Auf dem Weg zum Titel haben beide Städte Krisen überstehen müssen und Herausforderungen gemeistert.
Einen reibungslosen Ablauf stellt keiner der beiden Referenten in Aussicht. Der Glaube an die eigenen Stärken, eine gute Portion Selbstkritik, der Wille zum Beteiligen, Kooperieren und Netzwerken, ein professionelles Team aus lokalen Kräften und externen Experten haben die beiden Gewinnerstädte zusammen mit einem überzeugenden Programm für das Kulturhauptstadtjahr zum Titel geführt.
Die Stadt Chemnitz hat die Kosten für die Umsetzung des Kulturhauptstadtjahres auf 20 Millionen Euro geschätzt. Ist die Schätzung realistisch?
Wenn Chemnitz mit der Bewerbung erfolgreich war, beginnen 2021 die Vorbereitungen für das Kulturhauptstadtjahr 2025. Das endgültige Budget ist dann abhängig vom konkreten Gesamtprogramm bestehend aus Investitionsmaßnahmen und der inhaltlichen Programmgestaltung.
Erfahrungsgemäß tragen die Kommunen etwa ein Drittel der Ausgaben für die Vorbereitung und Umsetzung des Kulturhauptstadtjahres selbst, etwa ein Drittel wird aus Bundes- und Landesmitteln und ein Drittel aus EU-Fonds, durch Ticketverkäufe und mit Sponsoring finanziert.
In Temeswar sind 48,5 Millionen Euro im Haushalt eingestellt, wobei auch dort 20 Millionen Euro aus dem städtischen Budget finanziert werden. Die nationale Regierung trägt 12 Millionen Euro, das Land 5 Millionen Euro. Weitere 11,5 Millionen Euro möchte Temeswar aus EU-Programmen, Stiftungen und der Privatwirtschaft generieren.
Die Stadt Pilsen hat rund 18,2 Millionen Euro für Programme, Administration und Marketing aufgewendet. Die Budgets der Beispielstädte stützen die Schätzung von Chemnitz. Trotzdem gibt es das eine »Kostenvorbild« für Chemnitz nicht. Jede Kulturhauptstadt Europas hatte ganz eigene und individuelle Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Bewerbung sowie für die Vorbereitung und Umsetzung des Kulturhauptstadtjahres.
Wie werden unterschiedliche Bereiche wie die Universität, die Industrie oder auch kleine Gruppen wie die Do-it-yourself- Szene in den Bewerbungsprozess integriert?
Die Stadt Chemnitz hat mit der Beteiligung schon begonnen und mit Bürgern bei vielen öffentlichen und privaten Veranstaltungen Diskussionen geführt. In Workshops haben Vertreter der Stadt zusammen mit Akteuren aus Kultur, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Potentiale, Risiken und Ideen einer Bewerbung ausgelotet.
In Temeswar haben die Kulturhauptstadt-Macher über fünf Jahre hinweg Workshops, Informationsabende, öffentliche Debatten, Mobilisierungskampagnen, Seminare und unzählige informelle Treffen mit Künstlern, Kulturschaffenden, Politikern, Funktionären, Geschäftsleuten, Jugendlichen, Ehrenamtlern und den Bürgern der Stadt organisiert. Das hat sich bewährt und die Jury überzeugt.
Chemnitz kann aus den positiven Erfahrungen lernen. Deshalb möchten die Initiatoren der Chemnitzer Kulturhauptstadtbewerbung in den zwei Jahren bis zur Abgabe der Bewerbungsschrift die Bürger und Vertreter aller gesellschaftlichen Bereiche zu weiteren Konsultationen einladen. Die fundierte Meinungsbildung ist im Prozess von eminenter Wichtigkeit.
Was kann ich als Privatperson zum Gelingen beitragen?
„Kulturhauptstadt wird man nur gemeinsam“, hat Ferenc Csák zur Bekanntgabe der Bewerbungsidee im August erklärt. Auf dem Weg zur Bewerbung zählt jede Stimme und jede Meinung, deshalb sind die Chemnitzer herzlich eingeladen, sich am Prozess zu beteiligen, in dem Sie Kontakt aufnehmen, ihre Meinung äußern, in ihren Netzwerken über das Vorhaben diskutieren und Argumente finden, warum Chemnitz die Kulturhauptstadt Europas 2025 sein soll.
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